Was versteht man unter Palliativmedizin?

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Palliativmedizin

Wenn alle Aussicht auf Heilung verloren gegangen ist, gibt es noch viel zu tun. Die Palliativmedizin bemüht sich um die Lebensqualität im Endstadium einer Krebserkrankung. Die Schmerztherapie und die Behandlung der Atemnot stehen beim Lungenkrebs im Vordergrund. Die Palliativmedizin kämpft für ein Kranksein und Sterben in Würde. Der Sterbehilfe erteilt sie eine Absage.

Die Prognose des Lungenkrebses ist schlecht. Viele, zu viele Menschen sterben letztlich am Krebsleiden. Oft kommt ein Zeitpunkt, an dem alle Beteiligten erkennen müssen, dass eine Chance den Krebs zu heilen nicht mehr besteht. Dann die Hände in den Schoß legen und sich zurückziehen ist der falsche Weg. Die Palliativmedizin ist die Medizin für unheilbar Kranke. Ihre Perspektiven, aber auch ihre Methoden weichen von üblichem ärztlichem Handeln ab. In dieser Phase der Erkrankung wird vieles aus einem andern Blickwinkel gesehen. Galt es zuvor den Tumor auch unter großer Belastung für den Betroffenen in die Knie zu zwingen, stehen in der Palliativmedizin ganz die Bedürfnisse des Kranken im Vordergrund. Die Zurückhaltung der Palliativmedizin in Hinblick auf Diagnostik und aggressive Therapieformen darf nicht als Resignation oder Tatenlosigkeit missverstanden werden.

Lebensqualität ist definierbar

Es gibt mittlerweile Methoden, Lebensqualität wissenschaftlich und statistisch zu erheben. Viele Faktoren, begonnen bei Schmerzfreiheit über Ernährung, körperliche Leistungsfähigkeit, menschliche Geborgenheit, bis hin zur Selbständigkeit im Alltag spielen eine Rolle für die individuelle Lebensqualität. Viel mehr noch, als diese Definitionen sagt ein Leitsatz der Palliativmedizin aus: „Quality of life is, what the patient says it is – Lebensqualität ist, was der Patient darunter versteht.“ Für den einen ist Lebensqualität das Zusammensein mit geliebten Menschen, für andere ein Glas Rotwein und für wieder andere einfach zu Hause sein zu können. Die Vorstellungen des Patienten stehen im Vordergrund. Sofern es die medizinischen Bedingungen erlauben, wird ihnen entsprochen oder zumindest versucht ihnen nahe zu kommen.

Schmerzfreiheit als oberstes Ziel

In Holland wurden Menschen vor der dort zugelassenen Sterbehilfe befragt. Einhelliges Ergebnis: die Angst vor Schmerzen und einem qualvollen Tod war die mit Abstand häufigste Begründung eines Antrags für Sterbehilfe. Hier setzt die Palliativmedizin an: Schmerzen und Qualen müssen auch im Endstadium nicht sein. Kein Arzt wird einen unheilbar Kranken bewusst leiden lassen. Eine wichtige Voraussetzung dafür: sagen Sie ihrem Arzt, dass Sie Schmerzen haben und beschreiben Sie diese so genau wie möglich. Sie fallen damit niemanden zur Last, sondern helfen mit, Ihre Therapie zu verbessern. Radikale Palliativmedizin stellt vieles in Frage. Die folgenden Ansichten werden nicht von allen Ärzten geteilt und sind ein Ansatz mit bedingungsloser Orientierung zum Kranken: Der Großteil der Medikamente eines Todkranken sind überflüssig und nur belastend. Die radikale Palliativmedizin konzentriert sich auf eine wirksame Behandlung von Schmerzen und Krämpfen. Ob das Cholesterin, oder der erhöhte Blutdruck richtig eingestellt sind, ist vor allem wenn die Medikation mit Nebenwirkungen verbunden ist, in weiten Grenzen unerheblich. Einzig wichtig ist, dass es dem Betroffenen in seinen letzten Wochen oder Tagen gut geht. Als Patient brauchen Sie umgekehrt keine Sorge zu haben, mit Schmerzmitteln ‚zugeschüttet’ zu werden.

Das letzte Tabuthema?

In einer Welt, in der nahezu alle Tabus gefallen sind, wo über Religion, Sexualität oder Kunst offen wie nie zuvor gesprochen wird, ist und bleibt der Umgang mit dem Tod von Vorbehalten gezeichnet. Für uns beängstigend und unerklärbar sind der Tod und das Sterben fundamentale Ereignisse des Lebens. Für die Angehörigen, aber auch für das behandelnde medizinische Personal ist der Tod eines Menschen belastend und traurig. Auch wenn sich das bevorstehende Ende eines Lebens ankündigt und alle darauf vorbereitet sind, ist der Schmerz im Moment, in dem es geschieht unbeschreiblich. Praktisch jede Krebsstation in Österreich bietet heute auch Psychologische Betreuung an. Darüber hinaus stehen Seelsorgedienste der großen Glaubensgemeinschaften zur Verfügung. Scheuen Sie sich nicht, diese Angebote alleine oder mit Ihren Angehörigen in Anspruch zu nehmen.

Pflegetelefon:
Beratungsdienst für Pflegende des Gesundheitsministeriums
0800 / 20 16 22 (Österreichweit gebührenfrei)
Mo bis Fr 8 – 16 Uhr

Informationen speziell zu:

  • Pflegegeld
  • Pensionsversicherung für Pflegende Angehörige
  • Betreuung in der eigenen Wohnung
  • Kurzzeit- und Urlaubspflege
  • Hilfsmittel, Heilbehelfe, Wohnungsadaptierung
  • Finanzielle Hilfe und Förderungen
  • Familienhospizkarenz

Unter dieser Rufnummer ist auch die Pflegeanwaltschaft des Bundes erreichbar.